Wagemut und Gottvertrauen in schwieriger Zeit

Serie zum 75. Todestag des seligen Frater Eustachius Kugler – Teil 4

Frater Eustachius Kugler war 58 Jahre alt, als er am 19. Juni 1925 zum Provinzial der Bayerischen Ordensprovinz gewählt wurde. Im dritten Wahlgang erhielten sowohl Frater Facundus Apold als auch er je elf Stimmen von den Teilnehmern des Provinzkapitels. Für Kugler entschied die längere Zugehörigkeit zum Orden. Der aus der Oberpfalz stammende Barmherzige Bruder war nun verantwortlich für 275 Brüder und fast 2.500 Menschen, die in 16 Krankenhäusern, Pflegeanstalten und anderen Einrichtungen Aufnahme fanden.

Frater Eustachius Kugler, der als eine einfache und sachliche, aber überzeugende Persönlichkeit geschildert wird, ein „väterlich-gütiger Mensch“, übte sein Amt als Provinzial gewissenhaft, fürsorglich und klug aus. Er verfasste mahnende und ermutigende Rundschreiben an die Mitbrüder, schuf Voraussetzungen für die Betreuung kranker und behinderter Menschen, erledigte Einkäufe, führte Verhandlungen – und betätigte sich auch in der Krankenpflege, wenn es seine Zeit zuließ.

„Das habe ich mit meinem Herrgott schon abgemacht…“

Das schwierigste und mit einem hohen finanziellen Risiko behaftete Unternehmen seiner Zeit als Provinzial war die Planung und Errichtung des Krankenhauses in Regensburg. Nach Genehmigungen und Verträgen mit der Stadt Regensburg und dem Bischöflichen Ordinariat begannen 1927 die Bauarbeiten des Millionenprojekts. Als Architekt fungierte der bekannte Landesbaurat Dr. Albert Boßlet.

Zur Finanzierung des (Männer-) Krankenhauses, das Patienten ohne Unterschied von Religion, des Standes oder der örtlichen Herkunft offenstehen sollte, setzte der Provinzial auf Hypothekenbelastungen von anderen Einrichtungen. Auf berechtigte Einwände seines Mitbruders Clarus Bierler antwortete Kugler überzeugend: „Das habe ich mit meinem Herrgott schon abgemacht. Da fehlt nichts.“

Provinzial Frater Eustachius Kugler erläutert seinen skeptischen Mitbrüdern die Pläne zum Bau des Regensburger Krankenhauses – Szene aus dem Musikspiel „erdverbunden – himmelsnah“

Im Nachhinein betrachtet zahlte sich das Wagnis aus. Bereits 1929 konnte das Männerkrankenhaus eingeweiht werden; es wurde als „eine der schönsten und bestausgestatteten Kliniken in ganz Deutschland“ gerühmt. Ein Jahr später erfolgte die Eröffnung des Frauenkrankenhauses. Für die Pflege weiblicher Kranker gewann Frater Eustachius Kugler Barmherzige Schwestern aus München, die bis 1995 in Regensburg tätig waren.

Provinzial Frater Eustachius Kugler (Mitte) bei der Eröffnung des Männerkrankenhauses in Regensburg – rechts neben ihm Prior Frater Facundus Apold

Die 1929/30 errichteten Krankenhäuser („Männer- und Frauenbau“) der Barmherzigen Brüder in Regensburg in einer zeitgenössischen Luftaufnahme

Vorsichtiges und kluges Vorgehen

Dem 1928 zum Provinzial wiedergewählten Kugler machten immer mehr Magenprobleme zu schaffen. Das nahm ihm jedoch nichts von seiner Tatkraft. 1930 wurde eine Krankenpflegeschule in Regensburg gegründet. Ordensmitglieder absolvierten hier eine einjährige Ausbildung.

Bereits 1927 übernahm der Orden den Betrieb des städtischen Obdachlosenheims in München an der Lothstraße, ehe der Vertrag mit den Brüdern 1934 vonseiten der Stadt gekündigt wurde. Auch der Konvent im Gefängnis Kaisheim ging dem Orden aus politischen Gründen verloren.

Die Wirtschaftskrise und die frühe Zeit des Nationalsozialismus ließen Frater Eustachius Kugler vorsichtiger werden. Es gab weniger Ankäufe und Baumaßnahmen. Bei den Provinzkapiteln 1931 und 1934 wurde Eustachius Kugler wieder zum Provinzial ernannt; nach zwei Amtszeiten war dies nur in Form einer Postulation mit 2/3-Mehrheit der Stimmen möglich. Im Krieg konnten keine Provinzkapitel abgehalten werden, sodass Frater Eustachius Kugler der Ordensprovinz bis zu seinem Tod vorstand.

Kraft durch das Gebet

1933 war das Provinzialat von Neuburg nach Regensburg umgezogen. Zu schaffen machten dem Provinzial die vom NS-Regime gegen die Orden betriebenen Sittlichkeitsprozesse, der Rückgang des Ordensnachwuchses und der Austritt von Brüdern, die als Arbeitskräfte in den Häusern fehlten, sowie die Einberufung von Ordensmitgliedern zum Arbeits- und Militärdienst. Persönlich musste Frater Eustachius Kugler 1937 Verhöre durch Vertreter der Gestapo über sich ergehen lassen. Diese setzten ihm seelisch und körperlich zu. Kraft zum Weitermachen zog er aus dem Gebet zu Gott und im Vertrauen auf dessen Barmherzigkeit.

Der Regensburger Konvent um 1938 – Frater Eustachius Kugler in der ersten Reihe, dritter von links (sitzend)

Die Bedrohung des Ordens durch die Nationalsozialisten nahm jedoch immer mehr zu: Brüder wurden zeitweise in Schutzhaft genommen, 1938 musste der Orden die Heil- und Pflegeanstalt Eglfing bei Haar verlassen, 1940 durften keine Novizen mehr aufgenommen werden. Zu Kriegsbeginn wurden in Regensburg, Straubing und Neuburg Reservelazarette eingerichtet. Der Zweite Weltkrieg hinterließ auch in der Bayerischen Ordensprovinz seine Spuren.

Geschrieben am 16. August 2021
von Frater Magnus Morhardt

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