Bescheiden – und dennoch voller Tatkraft

Die Demut des seligen Eustachius Kugler

Am 10. Juni begehen die Barmherzigen Brüder den Gedenktag des seligen Eustachius Kugler. Der gebürtige Oberpfälzer trug von 1925 bis zu seinem Tod am 10. Juni 1946 in Regensburg die Verantwortung als Provinzial der Bayerischen Ordensprovinz. Am 4. Oktober 2009 wurde in Regensburg die Seligsprechung des Barmherzigen Bruders gefeiert. Der selige Eustachius Kugler zeichnet sich neben einer tiefen Gottverbundenheit, die er durch das vertrauensvolle Gebet pflegte, und einer ausgeprägten Liebe zu seinen Mitmenschen durch Haltungen aus, die aus seinem Christsein erwachsen. Eine dieser Tugenden ist die Demut.

Demut zählt nicht gerade zu den Tugenden, die heute besonders angesehen sind. Sie wird häufig als Sich-klein-Machen oder devote Unterwürfigkeit verstanden, während es doch gilt, möglichst viel aus sich zu machen und auf der Karriereleiter möglichst weit nach oben zu klettern. Wenn die Demut öffentlich zur Sprache kommt, dann etwa als Reaktion auf Wahlschlappen („Wir geloben Demut“), auf Naturkatastrophen, die zum Umdenken zwingen oder auf persönliche Niederlagen. Im Begriff ‚Demütigung‛ steckt zwar auch Demut, aber hier gibt es nur einen (vermeintlichen) Sieger und einen Verlierer.

Bewusste Lebenshaltung

Die Demut – christlich verstanden – ist eine Tugend, also eine Lebenshaltung, für die es sich bewusst zu entscheiden gilt und die man mit Leben erfüllen muss. Der Demütige erkennt Gott als den Größeren, den Schöpfer an, und weiß, dass er auf den „Vater im Himmel“ angewiesen ist. Trotz dieses Angewiesen-Seins hat Gott den Menschen mit einer besonderen Würde ausgestattet, die es ihm ermöglicht, die Welt mitzugestalten. Der demütige Mensch nimmt also nicht unbedingt alles duldsam hin, sondern bringt sich mit seinen Begabungen ein – immer in dem Wissen, dass er nicht selbst der ‚Macher‛ ist. Das Gegenteil der Demut ist Hochmut, der sich gerne anderen überlegen fühlt. Der Demütige posaunt seine Demut auch nicht heraus, spricht nicht darüber, sondern lebt sie in aller Bescheidenheit.

Ein Beispiel an Demut bietet uns Jesus Christus, als er seinen Jüngern beim Abendmahl die Füße wäscht (vgl. Joh 13,3–15). Er, der Sohn Gottes, leistet ihnen einen Dienst, den sonst Sklaven verrichten. Jesus fordert die verdutzten und verärgerten Jünger – und damit auch alle, die an ihn glauben – auf, es ihm nachzutun, das heißt ihren Mitmenschen zu dienen. Und Demut bedeutet ja auch ‚Mut zu dienen‛. In der Feierlichen Profess – analog zur Priesterweihe – werfen sich die Ordensmänner und –frauen während des Gesangs der Allerheiligen-Litanei zu Boden. In dieser so genannten Prostratio wird die Demut auf besonders eindrückliche Weise erfahrbar. Sie ist Ausdruck der Ganzhingabe an Gott.

Demütig trotz hoher Verantwortung

Der selige Eustachius Kugler war ein durch und durch demütiger Mensch. Und das ist umso bedeutsamer, da er über 21 Jahre lang als Provinzial das höchste Leitungsamt der Bayerischen Ordensprovinz innehatte. Die Bescheidenheit lernte er schon zu Hause kennen, wuchs er doch in einfachen Verhältnissen in dem kleinen Dorf Neuhaus bei Nittenau auf. In seiner Lehrzeit zum Bauschlosser in München war er auf die Unterstützung seiner Geschwister, die in der Landeshauptstadt wohnten, angewiesen. Im Laufe der Zeit ist wohl auch sein Glaube an Gott zu einer verlässlichen Lebensbeziehung herangewachsen. Mit diesem Gottvertrauen konnte Joseph Kugler den Schritt wagen, Ordensmann zu werden, nachdem er in Reichenbach die Barmherzigen Brüder kennengelernt hatte. Er war fasziniert von der Arbeit der Brüder, die sich – demütig – in den Dienst von Menschen mit Behinderungen gestellt haben.

Auch als Ordensbruder, dem immer mehr verantwortungsvolle Aufgaben als Subprior, Prior und schließlich als Provinzial übertragen wurden, behielt Frater Eustachius Kugler seine Demut und Bescheidenheit bei. Dazu könnte neben dem Bewusstsein, Kind Gottes zu sein, auch seine Gehbehinderung beigetragen haben. Seitdem er in seiner Bauschlosserlehre vom Gerüst fiel und sich dabei eine komplizierte Wunde am rechten Fuß zuzog, musste er mit dieser Einschränkung leben. Aber Krankheit und Behinderung können schließlich den Blick auf das Wesentliche im Leben schärfen. Krankheiten plagten Frater Eustachius Kugler zusätzlich gegen Ende seines Lebens, litt er doch unter einem Zwölffingerdarmgeschwür, zu dem sich auch noch ein Magenkrebs gesellte. Trotz dieser Krankheiten blieb er weiterhin heiter und gelassen und vertraute ganz auf Gott.

Er war sich nicht zu schade für einfache Arbeit

Ein Beispiel der Demut erwies Frater Eustachius Kugler, der sich stets als Barmherziger Bruder wie jeder andere auch verstand, indem er als Ordensoberer bei der Pflege und Betreuung von kranken und behinderten Menschen mitarbeitete. So schreibt der Autor Christian Feldmann in seinem Buch „Ordensmann und Menschenfreund“ über Frater Eustachius Kugler, dass dieser als Prior in der Pflegeeinrichtung in Straubing sich nicht nur um die notwendigen Verwaltungsarbeiten kümmerte, sondern plötzlich „neben den Koch¬töpfen oder in der Waschküche, in den Krankensälen und bei der Essensausgabe“ auftauchte und in der so genannten „unreinen“ Abteilung beim Anziehen der Bewohner und beim Essenverteilen ganz selbstverständlich mitmachte. Er war sich für diese Arbeiten nicht zu schade.

Der selige Eustachius Kugler wird als stiller und bescheidener Ordensmann beschrieben, der dennoch wusste, was er wollte. Dies zeigte sich schließlich beim Bau des Regensburger Krankenhauses, das er visionär plante. Demut oder Bescheidenheit und Tatkraft sind keine Gegensätze. So wie Frater Eustachius Kugler gelebt hat, ist er auch als Seliger: eher still und bescheiden. In Regensburg etwa kommen Patienten, Angehörige und Besucher in aller Stille mit ihren Anliegen in die Seitenkapelle der Krankenhauskirche, um sie der Fürbitte des seligen Eustachius Kugler anzuvertrauen.

Frater Magnus Morhardt

Geschrieben am 10. Juni 2015

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