Zum Gedenktag am 10. Juni: Die Freude, von Gott geliebt zu sein

Ein Blick auf die Spiritualität des seligen Eustachius Kugler von Pater Stephan Horn SDS. 

Frater Eustachius Kugler wird uns als stiller und bescheidener, als ausgeglichener und freundlicher Ordensmann geschildert. Es liegt nahe, dies auf die glückliche Kindheit zurückzuführen, die der junge Kugler mit dem Taufnamen Joseph in einer vom Glauben tief geprägten Familie erleben durfte. Aber wir wissen auch, wie jäh sein behütetes Leben einen Einbruch erfuhr durch den schweren Arbeitsunfall, den er als junger Schlosser erlitt. Der Sturz vom Gerüst, wohl mitverschuldet durch die Fahrlässigkeit oder sogar Bosheit eines Arbeitskameraden, konnte durchaus auch einen inneren Absturz in Verbitterung und Glaubenszweifel zur Folge haben.

Aber Joseph bewältigte das schreckliche Erlebnis, wie wir wissen, indem er nach der halbwegs gelungenen Operation in den Wochen der Rekonvaleszenz Tag für Tag stundenlang in der Kapelle des Krankenhauses sein Herz vor Christus ausschüttete. Ihm konnte er seine ganze Not, seine Sorgen um Gesundheit und Zukunft, anvertrauen. Diese Glaubenserfahrung der Nähe des Herrn wird ihm großen Trost geschenkt haben. In seinem ganzen Leben wird er diese Nähe suchen, besonders vor und nach schwierigen Augenblicken. Einer seiner Mitbrüder wird von ihm bezeugen: Für Frater Eustachius war „das Schönste, was es auf Erden gibt, (…) eine Heilige Messe, bei der man die Heilige Kommunion empfangen kann.“

Eustachius - der Beter

Eustachius - der Beter

Diese Freude an der Eucharistie und besonders an der Kommunion bereitete bei dem jungen Schlosser den Boden für seine Berufung zum Ordensmann, zum Barmherzigen Bruder. Etwas ganz Ähnliches finden wir bei einem anderen jungen Mann, der wie Joseph aus ganz einfachen Verhältnissen kam und sich zum Maler ausbilden ließ, aber schon sehr früh ebenfalls eine ganz außerordentliche Freude beim Empfang der Kommunion empfand: bei Johann Baptist Jordan, später als Pater Franziskus Maria vom Kreuz Gründer der Salvatorianer und Salvatorianerinnen. Bei beiden jungen Menschen erwuchs aus solchen Augenblicken der Kommunion, der Freude an der Nähe des Herrn, eine echte Freundschaft zu ihm. Diese machte sie offen und bereit für den Anruf, in seine Nachfolge und seinen Dienst zu treten.

Berufung – seinen Platz im Leben finden

Dieser geistliche Weg öffnete sich Joseph Kugler, als er als Schlossergeselle beim Aufbau des Behindertenheimes Reichenbach tätig war und das Wirken der Barmherzigen Brüder für die behinderten jungen Menschen und Erwachsenen aus der Nähe kennenlernen konnte. Hier muss er Barmherzige Brüder erlebt haben, die nicht einfach Pflichten erfüllten, sondern die wirklich ein Herz hatten für die, die ihnen anvertraut waren. Er wird auch die Dankbarkeit und Freude der Menschen mit Behinderung tief verspürt haben. Das traf ihn ins Herz. Und so wuchs in ihm die Sehnsucht, sein Leben mit ihnen zu teilen. Damit fand er nicht nur einen neuen Beruf, sondern eine Berufung: die Stelle, die Gott ihm für sein Leben zuwies, und damit ein tiefes Glück, eine Erfahrung der Liebe Gottes.

Papst Benedikt hat die Freude der Entdeckung, von Gott bejaht zu sein und in Dienst genommen zu werden, gerade für junge Menschen vor kurzem so beschrieben: „Ich bin gewollt, ich habe einen Platz in der Welt und in der Geschichte, ich werde persönlich von Gott geliebt. Und wenn Gott mich akzeptiert, mich liebt und ich mir dessen sicher bin, weiß ich auf klare und sichere Weise, dass es gut ist, dass ich da bin, dass ich existiere.“ Die Freude, seinen Platz im Leben gefunden zu haben, und die Freude, von Gott geliebt zu sein, gehören deshalb für Frater Eustachius, wie er sich nun nennen durfte, zusammen. Von da aus verstehen wir, dass er ein Leben lang Gott jeden Tag für die Berufung zum Ordensmann als Barmherziger Bruder gedankt hat und ihn zugleich um Treue in der Berufung gebeten hat. So notierte er sich: „Ich will täglich dem gütigen Gott danken für die Berufung zum Ordensstand und will gemäß meiner Berufung leben“, und: „Ich danke Dir, guter Gott, für den Beruf, gib mir die Gnade, im Ordensstande zu verharren bis zum Tode.“

Eustachius - der helfende Mensch

Eustachius - der helfende Mensch

Die Kunst des Betens im Alltag

Von da aus verstehen wir aber auch, dass Frater Eustachius die Kunst des Betens mitten im alltäglichen Leben mehr und mehr erlernte. Er wusste sich von Gottes gütigem Blick, von seiner helfenden Gegenwart getragen, und fand deshalb seine Freude daran, immer an Gott zu denken. „Der große Beter seines Ordens betete immer, sein ganzes Leben lang, Tag und Nacht, auch während der Arbeit. Jede freie Minute schenkte er seinem göttlichen Gesprächspartner.“ (Franz Hiltl). „Er betete, wo immer er sich befand: zu Hause, während er sich von einem Platz zum anderen begab; in den Amtsstuben, während er darauf wartete, vorgelassen zu werden, in der Straßenbahn und im Zug…“(Gabriele Russotto). Aus der Freude, von Gott geliebt zu sein, erwuchs für ihn die Absicht, alle seine Aufgaben aus Liebe zu Gott anzunehmen und so gerade die gewöhnlichen Tätigkeiten und Verrichtungen zu Akten der Liebe zu machen: zu Akten der Dankbarkeit, des Vertrauens, der Hingabe.

Auf diese Weise konnte er den kleinen und großen Aufgaben der Leitung und Verwaltung, die er schon in jungen Jahren als Prior und später als Provinzial zu leisten hatte, einen tiefen Sinn geben. Vor allem konnte er den Dienst an den Kranken ganz aus Liebe zu vollziehen. Dabei konnte er sein Herz ganz dem einzelnen Kranken und Menschen mit Behinderung zuwenden. Seine Liebe und Sorge „steigerte sich noch, wenn es sich um die Ärmsten und Unglücklichsten handelte: Epileptiker, Geistesschwache, Geisteskranke und solche, die sich nicht sauber halten können“ (G. Russotto). In ihnen sah er die Lieblinge des Herrn, ja Christus selber. So finden wir bei ihm mehrfach Vorsätze wie diese: „Ich will recht oft rufen: ‚Mein Jesus, erbarme dich meiner und meiner Kranken!‘ und will den Kranken dienen wie der Person Christi“; „Ich will dem lieben Heiland in den armen Kranken dienen. – Dank dir ewig, mein Gott, für den schönen Beruf.“

Alle Eustachius-Kugler-Zitate sind dem Buch von Frater Magnus Morhardt „Gottvertrauen und Nächstenliebe. Ein geistliches Profil von Frater Eustachius Kugler“ entnommen.

Der Salvatorianerpater Stephan Horn war in den 1970er Jahren Assistent von Professor Joseph Ratzinger, dem heutigen Papst Benedikt XVI., in Regensburg und wohnte damals bei den Barmherzigen Brüdern. Von 1986 bis 1999 hatte er den Lehrstuhl für Fundamentaltheologie an der Universität Passau inne. Heute lebt Pater Stephan Horn im Salvatorkolleg Gartlberg in Pfarrkirchen.

Geschrieben am 23. Mai 2013

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